Vom Element ohne Balken – Wasser!

Mitgliederversammlung informiert sich über Möglichkeiten zur Abmilderung der Klimafolgen im Wald

Aktionstag nachhaltiges Wassermanagement, Bernhard Frauenberger referiert


„Walle, walle manche Strecke, dass zum Zwecke Wasser fließe und mit reichem, vollem Schwalle zu dem Bade sich ergieße…“ Wer kennt sie nicht, die berühmten Zeilen aus Goethes „Zauberlehrling“, mit denen es offensichtlich so einfach gelingt, Wasser herbeizuzaubern.

Würden Waldbesitzerinnen und Waldbesitzer, Forstleute und gleichsam alle, die um die Bedeutung des Waldes als Lebensraum wissen, über jene Gabe verfügt haben, Wasser durch das Aufsagen des richtigen Zaubersprüchleins laufen zu lassen, so wären die Jahre der Dürre, die 2018 begannen, ein wenig anders verlaufen – jedenfalls, was die Auswirkungen der Witterung für unseren Wald betraf und noch betrifft.

Dachten wir noch vor einigen Jahren darüber nach, wie man Wasser schnellstmöglich aus dem (insbesondere staunassen) Wald ableitet und wie man Schäden an der waldeigenen Infrastruktur durch „übermäßige“ und „überschüssige“ Wassergaben verhindert, so darf man getrost von einer 180-Grad-Wende sprechen, die nun Einkehr gehalten hat, wenn man am Abend des 25. Oktober die Worte und Bilder von Bernhard Frauenberger in sich aufnahm. Als erstklassiger und hochkarätiger Referent, der sich beim Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie und Mobilität überwiegend mit der Waldentwicklung in Rheinland-Pfalz befasst, berichtete er der Mitgliederversammlung des Waldbauvereins Rhein-Lahn von einer drastischen Veränderung im Hinblick darauf, welche Mengen an Niederschlagswasser in früheren Zeiten gegenüber der gegenwärtigen Situation im Wald zu finden waren. Anhand von Messergebnissen belegte er im direkten Vergleich der Dekade 1961-1970 mit derjenigen für die Jahre 2011 – 2020 sehr eindeutig den Rückgang der Niederschlagsmengen und damit einhergehend, deren ungünstigere Verteilung im Hinblick auf die Vegetationsphasen.

Nach wie vor, berichtete der Referent aus Mainz, fungierten unsere Wälder aber nicht nur als Lebensraum für Bäume und Tiere, die alleine schon für sich genommen auf ausreichende Wasservorräte angewiesen sind. Sie sind auch die nutzungsübergreifenden Wasserspeicher schlechthin, die ab und an aufgefüllt werden müssen. Die Gewährleistung einer nachhaltig funktionierenden Trinkwasserversorgung, die Wirkungen der Waldbestände als dienliche Speicher für den Hochwasserschutz und viele weitere mit hydrologischen Vorgängen verbundene günstige Ein- und Auswirkungen seien ohne die Nutzungsform Wald undenkbar. Die primären Anzeiger, die den Witterungsverlauf geradezu spiegelbildlich wiedergeben, nämlich Bäume und Boden, hatten in den eingangs erwähnten Jahren gehörig Schaden genommen. Das war ihnen anzusehen. In der Folge rückten dem „wassergestressten“ Wald dann unausweichlich weitere Probleme, wie Insekten, Pilze und Feuer auf die Pelle – und wie bereits gesagt, das alles aus der Tatsache heraus, dass schier unerträgliche Sommertempera-turen gleichzeitig mit einem Minderangebot an Wasser daherkamen.

Um dem geschädigten Ökosystem Wald nun wieder Erholung zu verschaffen, ist eine ausreichende Wasserverfügbarkeit die wohl erste und vordringlichste Voraussetzung, schilderte Frauenberger der Versammlung. Um die notwendigen „Reparaturen“ an den Waldbeständen zu initiieren und nebenbei die Grundwasservorräte wieder aufzufüllen, riet der Forstmann den anwesenden Waldbesitzerinnen und Waldbesitzern dazu, aktiven Wasserrückhalt im Wald zu betreiben und dem Niederschlagswasser eine längere Verweil- und Versickerungsdauer auf der Waldfläche zu ermöglichen. Damit würden schließlich eine konstantere Wasseraufnahme durch die Bäume und ein ausreichender Abfluss vorhandener Mengen in den Grundwasserbereich gewährleistet und das Ökosystem Wald gefördert.

Wie das praktisch funktionieren sollte, führte der Präsentator dem aufmerksamen Publikum mit zahlreichen Bildern vor Augen. Die seinerzeit vielerorts großräumig angelegten Entwässerungsgrabensysteme, Verrohrungen und die schnelle Ableitung des Wassers mittels Seitengräben entlang der Waldwege gelte es zu überprüfen. Da, wo es machbar und sinnvoll erscheint, sollte der Fluss des Wassers gebremst, in die „richtige“ Richtung umgeleitet, nämlich in die Waldbestände hinein und gegebenenfalls auch ganz unterbunden werden. Nicht immer, wusste Frauenberger aus eigener Erfahrung zu berichten, bedarf es dazu großer baulicher Eingriffe, oder Erdbe-wegungen. In vielen Fällen reicht schon das Verschließen von Verrohrungen, oder das Einbringen von Steinschüttungen in Gräben aus, um den gewünschten Erfolg zu erreichen. Auch das Anlegen von Rigolen- und/oder Muldensystemen, welche das Wasser gezielt in den Wald zur langsamen Versicherung einleiten, betrachtete Bernhard Frauenberger als probates Mittel, um Wasserrückhalt im Wald in die Tat umzusetzen. Dabei sei einem Verbund der aufgezeigten Maßnahmen in kleinflächigem Format an vielen Stellen eindeutig der Vorzug gegenüber wenigen, größeren Maßnahmen einzuräumen.

Sollten sich bei den Waldbesitzerinnen und Waldbesitzern vor, oder während der Umsetzung der beschriebenen Handlungsmöglichketen Unsicherheiten auftun, empfahl Bernhard Frauen-berger die Kontaktaufnahme zu den Forst- und/oder Wasserbehörden.

Dass Wasserrückhalt natürlich mit entsprechenden waldökologischen Maßnahmen, beginnend bei der richtigen Baumartenwahl und der Pflege der Waldbestände, einhergehen muss, war für den Referenten ebenso obligatorisch, wie ein auf den Wasserrückhalt abgestimmtes Wegebau- und Feinerschließungskonzept. Sind diese Maßnahmen aufeinander abgestimmt, so zeigte sich Frauenberger überzeugt, sind früher, oder später stabile, beständigere und zukunftsträch-tigere Waldbestände zu erwarten, mancherorts sogar garantiert.

Dass Bernhard Frauenberger mit seiner Darbietung goldrichtig lag und bei den anwesenden Versammlungsteilnehmerinnen und -teilnehmern im Landgasthof Gemmer in Rettert durch-aus ins Schwarze getroffen hatte, dürften ihm nicht nur der zustimmende Applaus und die rege Diskussions- und Fragerunde gezeigt haben. Allein die Anzahl der erschienenen Mitglieder und Gäste sprach für sich. Wie oft gab es das schon, dass aus dem Nachbarsaal Stühle herbeigeholt werden mussten, damit alle einen Sitzplatz hatten?

Aber nicht nur der so geehrte Gastredner mochte infolge derlei Zustimmung zufrieden gewesen sein. Auch Versammlungsleiter Joachim Langshausen war die Freude über die überaus rege Teilnahme an der 34. Mitgliederversammlung seines Vereins anzumerken. Inmitten der Mitgliederreihen waren so auch wieder zahlreiche Lokalmatadoren in personam der Vertreter des Landkreises und der Verbandsgemeinden zu verzeichnen. Sie wurden vom 1. Vorsitzenden ebenso herzlich willkommen geheißen, wie Susanne Gühne und Andreas Nick, die jeweils als Repräsentanten für ihre Forstämter Nastätten und Lahnstein zugegen waren. Die Vorsitzende der Kreisjagdgruppe, Angela Warkentin, rundete das Bild der gern gesehenen Gäste, die dem interessanten Themenabend beiwohnten, ab.

In seinem Bericht, der am Anfang der Tagesordnung stand, lenkte Joachim Langshausen die Aufmerksamkeit der Versammlung zunächst auf vordringliche und übergeordnete forstliche und forstpolitische Themen. Dreh- und Angelpunkt seiner Darlegungen waren u. a. aktuelle Informationen und Erkenntnisse des Waldbesitzerverbandes, die dessen neuer Geschäfts-führer, Dirk Fernholz, der leider nicht an der Versammlung teilnehmen konnte, im Vorfeld schon im Austausch mit dem Vorsitzenden beigesteuert hatte.

Der aktuellen Bundeswaldinventur, die Langshausen beispielsweise vorstellte, konnte so entnommen werden, dass die Laubbaumarten, hier insbesondere Buche und Eiche, weiter auf dem Vormarsch waren und mit gesteigerten Flächenausdehnungen zu Buche schlugen, dass der Zuwachs bei den Holzvorräten bis 2022 gegenüber 2012 gestiegen war, wobei der Privatwald mit einem geringen Zuwachsverlust hier die bestätigende Ausnahme von der Regel abbildete, dass der Kohlenstoffspeicher „Holz“ weiterhin im Auffüllen begriffen war und, dass der Totholzanteil in unseren Wäldern einen deutlichen Zuwachs erfahren hatte.

Die „European Union Deforestation Regulation“, kurz EUDR genannt, war ein weiterer Punkt auf der „To-Do-Liste“ des Vorsitzenden. Diese Verordnung sollte zum Ziel haben, die illegale Entwaldung im EU-Gebiet zu bekämpfen und nachhaltige Lieferketten innerhalb der EU zu fördern. Die Verordnung war bereits 2023 in Kraft getreten, ihre Umsetzung jedoch wurde auf Grund zahlreicher Widerstände aus den Teilnehmerländern nach einem Beschluss des EU-Rates und des EU-Parlaments zunächst verschoben, was allgemeinen Zuspruch erfuhr. Ähnliches, wenngleich auch aus anderen Gründen, wusste Vorsitzender Langshausen zu den Themen Neufassung des Bundeswaldgesetzes und des Landesjagdgesetzes zu vermelden. Hier galt es ebenfalls zunächst abzuwarten.

Den bunten Reigen der breitgefächerten Informationen führte der Vorsitzende mit Hinweisen und Erläuterungen zur Situation auf dem Holzmarkt fort, wobei er etwas genauer zum Schadholzanfall infolge von Stürmen, Trockenheit und der damit zusammenhängenden klimabegünstigten Borkenkäferaktivitäten Stellung bezog. Danach gab er eine kurze Einschätzung auf den Umgang mit der mittlerweile auch bei uns angekommenen Afrikani-schen Schweinepest und endete schließlich mit seinem Blick auf wichtige interne Punkte der Arbeit im eigenen Waldbauverein, aber auch darauf, was der Waldbesitzerverband für Rheinland-Pfalz auf der übergeordneten Landesebene anstrengte und bewegte.

Die Versammlung quittierte das „Statement“ Joachim Langshausens mit dem entsprechenden Zuspruch, bevor Geschäftsführer Steffen Herzog in seinem Rückblick auf 2023 auf das einging, was das Vereinsleben in eben jenem Jahr besonders bewegte. Vorrangig führte er dabei die Neugestaltung der Internetseite des Waldbauvereins an, die nun abgeschlossen war und fortan mit weiteren, neuen Inhalten gefüllt werden sollte. Ferner lenkte er die Aufmerksamkeit der Versammlung auf das Veranstaltungsmanagement des Vereins. Nach einem Blick in die vergangenen Jahre kam er zu dem Schluss, dass das Interesse der Mitglieder an lokalen, zeitlich begrenzten Exkursionen und Angeboten des Vereins weitaus größer zu sein schien, als dies bei ganztägigen Veranstaltungen der Fall war. Das jedenfalls belegten die Teilnehmerzahlen. Insofern, ließ er die Zuhörerinnen und Zuhörer wissen, sollte der Schwerpunkt künftig weniger auf Fernzielen in puncto Fortbildungs- und Exkursions-angeboten liegen, dafür etwas mehr auf Inhalten mit dem „Lokalkolorit“. In diesem Zusammenhang wies Herzog auch noch einmal auf die Möglichkeit zur Teilnahme an einer Unterweisung im Umgang mit der Motorsäge hin, die seitens des Waldbauvereins in Zusammenarbeit mit dem Forstamt Nastätten und der SVLFG mittlerweile seit mehr als dreißig Jahren angeboten wird.

Beim Thema Förderung ging der Geschäftsführer zunächst auf die immer noch zahlreichen Förderanträge ein, die den klassischen Projektmaßnahmen nach den Bestimmungen des Landes zuzuordnen waren und von denen die Mitglieder nach wie vor regen Gebrauch machten. Er ermunterte die Waldbesitzer dazu, auch weiterhin die vorhandenen Förder-möglichkeiten zu nutzen und sich Rat und Mithilfe rund um das Thema bei der Geschäfts-stelle zu suchen. Danach stellte Steffen Herzog kurz die Modalitäten zur Teilnahme am Förderprogramm für das klimaangepasste Waldmanagement dar. Dessen Kernelement war, den eigenen, zertifizierten Wald auf Grundlage solcher Kriterien zu bewirtschaften, die dazu geeignet waren, den Schutz des Klimas nachhaltig sicherzustellen. Die Antragstellung, bei der die rheinland-pfälzischen Wald- und Forstbetriebe flächenmäßig mit über 300.000 ha zur Förderung beantragter Waldfläche weit an der Spitze lagen, erfolgte digital bei der Fachagentur für nachwachsende Rohstoffe, da es sich um ein Förderprogramm des Bundes handelte. Zum Nachweis einer auf das Programm abgestellten Waldbewirtschaftung wurde den Mitgliedern die Nutzung des sog. PEFC-Fördermoduls über das vereinseigene PEFC-Zertifikat ermöglicht. Dass sei dem Grunde nach gut, bemerkte der Geschäftsführer, jedoch zeigte er sich außerordentlich unzufrieden darüber, wie die verwaltungsmäßige Abwicklung bei der Inrechnungstellung der Zertifikatsgebühren erfolgte. Seine Kritik richtete sich dabei nicht gegen das Verfahren an sich, sondern sie orientierte sich vielmehr daran, dass PEFC sich außerstande sah, als Rechnungsadressaten den jeweils begünstigten Forstbetrieb zu verwenden. Um diese Behandlung zu erreichen, müssten sich die Betriebe als Einzelbetrieb beim Fördermodul registrieren. Aktuell, berichtete Herzog, würden die Rechnungen an den Waldbauverein direkt gestellt, der jedoch, insbesondere bei Sammelrechnungen, keine Mög-lichkeit hatte, allein schon aus steuerrechtlichen Gründen, diese auf die einzelnen Zertifikats-nutzer umzuschreiben.

In einem weiteren Punkt seines Berichts gab der Geschäftsführer der Versammlung einen Überblick über die Haushaltslage des Jahres 2023. Trotz der Investitionen, die der Verein für seinen neuen Internetauftritt „nebenbei“ tätigen musste, hob Herzog die stabile Kassenlage hervor. Zwar waren Einbußen durch diese „Sonderausgaben“ zu verzeichnen, jedoch, so stellte Herzog fest, könnten die innerhalb der nächsten zwei bis drei Jahre wieder egalisiert werden. Als höchst erfreulich bezeichnete der Geschäftsführer die Mitgliederentwicklung des Vereins. Zum Ende des Jahres 2023 waren 178 Mitglieder zu verzeichnen, deren Waldfläche sich auf runde 2.325 ha belief.

Dem Bericht des Geschäftsführers folgte derjenige der Kassenprüfer Rolf Minor und Klaus Meckel auf dem Fuße. Beide bescheinigten eine einwandfreie und anstandslose Kassen- und Geschäftsführung, sodass die Versammlung dem Antrag auf Entlastung des Vorstandes und der Geschäftsstelle einstimmig entsprach.

Weil für Rolf Minor die Amtszeit als Kassenprüfer abgelaufen war, stand die Neuwahl eines solchen auf der Tagesordnung. Nachdem sich Vorsitzender Langshausen gebührend für die Dienste des scheidenden Kassenprüfers bedankt hatte, förderte die anschließende Wahlhand-lung Vereinsmitglied Helmut Stüber als neuen „Revisor“ zu Tage. Der auch ansonsten „vereinserprobte“, neue Kassenprüfer bedankte sich in kurzen Worten für das ihm ausge-sprochene Vertrauen und nahm den ihm übertragen Posten gerne an, um in den nächsten drei Jahren ein wachsames Auge auf die finanziellen Geschicke des Waldbauvereins zu werfen.

Nachdem auch die letzten Anregungen und Fragen an diesem Freitagabend besprochen und beantwortet waren, verkündete Vorsitzender Joachim Langshausen das Ende der Sitzung, ehe der „überquellenden Saal versiegt“ und die Versammelten „auseinandergeströmt und entronnen“ waren – nur, um bei der eingangs gewählten, lyrischen Betrachtungsweise der Launen des Wassers zu bleiben.


Nachhaltigkeit + Umsichtigkeit = Wertschöpfung!

Kreiswaldbauverein Rhein-Lahn befasst sich mit „dicken“ Bäumen und „Bräuten“

Aktionstag der Mitglieder


Man muss die Formel nicht gleich verstehen. Mit Mathematik hat sie ohnehin nichts zu tun und dennoch will sie aufgelöst werden.
Wer ein „Stück Wald“ sein Eigen nennen darf und in der Lage ist, die Gleichung auf ihn anzuwenden, wird gut dabei fahren und messbare Erfolge erzielen. Wer dafür sorgt, dass seine Bäume stetig und dauerhaft (zu-)wachsen, wer ihre „Erziehung“ vom Jugendalter an im Sinne einer Pflege nach gesicherten Erkenntnissen in die eigene Hand nimmt, der wird sich eines Tages dort als Mitspieler wiederfinden, wohin es die Exkursionsgruppe des Waldbauvereins Rhein-Lahn verschlug. Aber der Reihe nach….

Wald wird im Allgemeinen als eine Bodennutzungsform verstanden, die vom Vorhandensein einer Mindestausstattung an Bäumen geprägt ist. Diese Bäume wiederum sind in der Lage, im Zusammenspiel mit den sie beeinflussenden Faktoren (Boden, Klima, Flora und Fauna, u. v. m.) besondere Funktionen zu erfüllen. Eine wesentliche davon ist die Nutzung des Rohstoffes Holz.
Dass Holz nicht gleich Holz ist, womit wir wieder bei Gleichungen wären, hat sich zwar mittlerweile überall herumgesprochen, doch bei Diskussionen, die jenseits der Fachschiene um dieses Thema geführt werden, geht es in der Mehrzahl der Fälle um die eine Holzverwendungsform schlechthin: Brennholz!
Es liegt auf der Hand, dass Hausbesitzern und Wohnungsinhabern – sie sind anzahlmäßig die breite Masse des Marktgeschehens – Holz zuallererst im Scheitholzformat in den Sinn kommt. Gerade im ländlichen Bereich ist Brennholz der „Renner“. Es ist haushaltsgebräuchlich, wächst in nächster Umgebung und mit seiner Aufarbeitung kennt „man“ sich aus. Diese Form der gesellschaftlichen Meinungsbildung ist einerseits gut, die Kehrseite der Medaille ist jedoch, dass dadurch leider auch zahlreiche Bäumen dem Nutzungszweck Wärmeerzeugung zugeführt werden, die gewinnbringender hätten verwertet werden können. So wird, unter Außerachtlassung der oben genannten Formel, vom vorhandenen Wertschöpfungspotenzial leider kein Gebrauch gemacht, womit man sich aber allzu leicht abfindet – es ist halt so.
Weil sich aber ein Baumstamm, auch ein solcher aus dem Privatwald, nicht nur für die Zerlegung in ein Meter lange Scheite eignet, sondern beim genauen Hinschauen möglicherweise sehr viel besseren Verwendungszwecken dienlich sein kann, sind Waldbauern und Waldbesitzer gut beraten, einen differenzierteren Blick auf die Dinge, will sagen, Bäume und Holz zu werfen – im ureigenen Interesse, versteht sich.

Um diese Sichtweise zur Anwendung im eigenen Wald zu erlangen, nutzten die Mitglieder des Kreiswald-bauvereins Rhein-Lahn am 08. März die Gelegenheit und verschafften sich einige Kenntnisse über solches Holz, das wegen seiner günstigen Eigenschaften dem Massenwarenschicksal entzogen wurde. Gemeint ist Wertholz, welches regelmäßig der Herstellung von Furnieren, Möbeln, Musikinstrumenten, Fässern, oder was einem sonst noch an hochwertigen Holzprodukten einfallen mag, zugeführt wird. Dessen Inaugenscheinnahme stand an diesem Freitag auf der Tagesordnung.

Nach kurzer Fährfahrt über den Rhein bot sich dem interessierten Exkursionsteilnehmerkreis nach der Ankunft am Wertholzplatz in Boppard der Anblick von fast 1.800 Festmetern Stammholz. Es war dort bereits mehrere Wochen zur Auslage gebracht worden und wartete nun auf seinen Abtransport in die Werke und Industriezweige, die es zu den schon erwähnten hochwertigen Holzprodukten verarbeiteten.
Exkursionsleiter Manfred Trenkhorst, der selbst Holz aus dem von ihm betreuten Forstrevier auf dem Wertholzplatz angeboten hatte, erläuterte in einem weitreichenden Überblick alles Wissenswerte zur komplexen Materie.

Hölzer von einem Wert, der über das Normalmaß hinausgeht, werden nicht einfach „verkauft“, sondern sie werden submittiert, erläuterte der Forstmann. Das bedeutet, dass der potenzielle Käuferkreis, der am Erwerb der angebotenen Hölzer interessiert ist, sein Kaufinteresse durch Abgabe eines schriftlichen Preisangebots kundtut. Bis zu einem festgelegten Zeitziel können solche Offerten an die Holzverkäufer gerichtet werden, wonach die Gebote -wiederum mit fest versehenem Eröffnungszeitpunkt- gesichtet und bewertet werden. So entscheidet sich schließlich durch „Zuschlag zum Gebot“, welch glücklichem Bieter der begehrte Stamm oder die begehrten Hölzer gegen Entrichtung des entsprechenden Kaufpreises übereignet werden.

Diejenigen, die einem Ankauf der Werthölzer nähertreten wollten, hatten selbstverständlich schon lange vor den interessierten Waldbäuerinnen und Waldbauern des Kreiswaldbauvereins den Wertholzlagerplatz in Boppard aufgesucht, um mit sachkundigem Blick ihre Einschätzung für jeden einzelnen Stamm, der von Interesse für sie war, vorzunehmen.
Doch was sind nun die Kriterien, die einen Baum(-stamm) aus Sicht der Erwerber, die ihn letztendlich verwenden wollen, zu Wertholz werden lassen?
Auch und gerade auf diese Frage lieferte der „wertholzerfahrene“ Förster Manfred Trenkhorst wiederum Antworten.

Während ein Baum im Wald wächst, bis er eine gewisse Zieldimension erreicht hat, muss er dieses Stadium im Wesentlichen vital, stabil und ohne (größere) qualitative Einbußen erreichen. Dazu, dass er das auch tut, können Waldbesitzerinnen und Waldbesitzer einiges beitragen. Schon von klein auf spielt die Förderung besonders geeigneter Bäumchen, ganz gleich, ob sie aus künstlicher, oder aus natürlicher Verjüngung stammen, eine große Rolle. Zumeist bringen kräftige Individuen mit ausreichend Wurzel- und Blatt- oder Nadelmasse die besseren Voraussetzungen zum Start in die gewünschte Entwicklungsrichtung mit. Im späteren Bestandsalter kann dann mit unterschiedlichen waldbaulichen Mitteln und Methoden günstig auf die ausgewählten Bäume eingewirkt und ihr Werdegang beeinflusst werden. Das geht so lange, bis schließlich der „dicke“, wertholzträchtige Baum seiner Entnahme aus dem Waldgefüge entgegensieht.

Welche Baumarten gefragt sind, ist nicht selten Ausfluss eines Zeitgeists, der zum Trend wird. Stehen in einem Jahr helle Hölzer, wie Ahorn, Esche, Erle, Linde, Birke, oder Kiefer in der Gunst der Abnehmer, sind es im darauffolgenden die dunkleren, wie Eiche, Kirsche, Nuss, Robinie oder Lärche. Letztlich entscheiden Kunden mit ihrem Kaufverhalten darüber, was gerade „in“ ist und aktuell erleben dunklere Holzarten, wenigstens im Hinblick auf Boden- und Wandbeläge, geradezu ein Revival.

Baumstämme vor der Bewertung

Trotzdem Werthölzer immer auch eine gewisse Dimension aufweisen, ist dieselbe nicht das Alleinstellungs-merkmal für wertvolles Holz.
Vielmehr ist es wie bei einem guten Dinner: Das Auge isst mit! Und so kommen Eigenschaften der Hölzer ins Spiel, deren Fehlen, oder Vorhandensein darüber entscheiden, welcher Wert einem Holzstamm seitens des potenziellen Erwerberkreises zugemessen wird.
Ist der Stamm gerade, oder krumm, weist er Äste auf, oder nicht? Verliert er vom Stammfuß bis zur Spitze stark an Durchmesser, oder ist die Stammrolle mit möglichst wenig Schwund behaftet? Entspricht die Farbe des Holzes der Vorstellung, oder gibt es irgendwo unerwünschte Farbeinschläge? Sind Beschädigungen am Stamm vorhanden, die seine Verarbeitung beeinträchtigen, oder noch schlimmer, die auf eine technische Entwertung des Holzes hinweisen? Wie ist die Holzstruktur? Sind die Jahrringe gleichmäßig aufgebaut, oder lässt sich beim Blick auf den Querschnitt bereits eine Einschränkung für die Verarbeitung zum vorgesehenen Produkt erkennen? Verlaufen die Holzfasern gerade, oder sind sie gedreht? Diese Dinge und noch einige mehr sind es, die den fachlich qualifizierten Betrachter des Nutzholzes zu seiner „Expertise“ kommen lassen. Darüber hinaus verfügen erfahrene Holzeinkäufer über die Gabe, „röntgenblickartig“ von der äußeren Beschaffenheit des Holzstammes auf sein Inneres zu schließen.
Auch Manfred Trenkhorst schaute zusammen mit den Exkursionsteilnehmern aus dieser Brille auf die zurechtgelegten Stämme, um, wie bereits gesagt, „Holz“ von „Holz“ zu unterscheiden.

Die Feststellung des Stammes, der den höchsten Preis erzielt (hat), wird bei jeder Submission mit Spannung erwartet. Im Jargon lautet dessen Bezeichnung „Braut“. Projiziert man diese Betrachtungsweise auf jede einzelne feilgebotene Baum- oder Holzart, kann es natürlich auch mehrere „Bräute“ geben.
Und so wären die Besucher des Wertholzplatzes um eine Erfahrung ärmer gewesen, hätte Vorstandsmitglied Trenkhorst nicht auch diese Exemplare ins Rampenlicht gerückt und deren Besonderheiten erläutert.

Zu einem guten Tagesgeschäft gehört bekanntlich ein guter Abschluss. Das in der Nähe gelegene Café Hillen kam der Exkursionsgruppe da gerade recht, um über die gewonnenen Erkenntnisse und Eindrücke bei Kaffee und Kuchen noch einmal nachzudenken.

An dieser Stelle wäre nun das Wesentliche zum Exkursionsverlauf gesagt, doch eine Frage sollte nun doch noch aufgeklärt werden. Woher stammt eigentlich die Bezeichnung „Braut“, mit der die dicksten und damit oft wertträchtigsten Stämme bezeichnet werden?

Hinweise hierauf lassen sich in den verschiedensten Bereichen finden, am plausibelsten aber erscheint jene Erläuterung, welche die Bayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft in ihren „Beiträgen zur Traubeneiche“ veröffentlicht hat und die ins frühe 18. Jahrhundert datiert.

Die Geschichte führt uns nach Lohr am Main, an den Rand des Spessarts. Früher wie heute ist dieses Gebirge für seine stattlichen Eichen bekannt. So kamen auch das Kurfürstentum zu Mainz und die Grafschaft Hessen-Kassel (Hanau), die sich den Spessart zur damaligen Zeit im Wesentlichen teilten, sehr schnell dahinter, dass es neben dem althergebrachten (und eingangs bereits erwähnten) Brennholzverkauf weitaus lukrativere Holzgeschäfte abzuwickeln gab. Ihr besonderes Augenmerk galt den starken Eichen, die zum Schiff-, Deich- und Gebäudebau gebraucht wurden und die sich an den Küsten der Nordsee weitaus besser versilbern ließen, als es das Feuerholz für die Bevölkerung auch nur annähernd vermochte.

Für das „Zurichten des Holzes“ war die örtliche Bauernschaft im Dienst der Landesherren verantwortlich. Für sie war die „Holzerei“ im Winterhalbjahr ebenso gewöhnlich, wie die Feldarbeit im Frühjahr und Sommer. So entwickelte sich über die Jahre hinweg eine Tradition, die darauf beruhte, die stärkste Eiche, die verkauft werden sollte, stets als letzten Baum der Einschlagsaison zu fällen. Bevor das aber geschah, wurde dieser bestimmte Baum von den Holzarbeitern als „Waldbraut“ auserkoren und einer besonderen Zeremonie unterzogen. Der einstige Ratsdiener von Lohr am Main, Philipp Lebeis, beschrieb das Ritual um 1900 wie folgt: „Die vier Männer, die die Eiche fällen sollten, zogen ihren Hut und legten eine Gedenkminute ein. Sie dankten dem gewaltigen Baum, der als Braut anerkannt und verkauft werden sollte.“
Was folgte, war ein sehr aufwändiges und besonderes Fällverfahren, das sich über Stunden hinzog. Dann war es insbesondere der nachfolgende Transport des Stammes mit Pferdegespannen, der für Furore sorgte. Verfolgt von einem beachtlichen Menschentross wurde die Eiche durch die Stadt Lohr gekarrt, um sie „jedermann“ zu präsentieren.
Zu diesem „Hochzeitszug“ berichtet Lebeis weiter: „Der Eichstamm war die Braut. Der Bräutigam wurde von einem vorausreitenden Holzarbeiter dargestellt, der einen Rosmarinzweig am Hut trug und einen großen Krug mit Wein in der Hand hielt. Dann folgten Musikanten, die lustige Weisen spielten. Erst danach kam der Eichstamm, von vier, sechs, oder auch acht Pferden gezogen und von einer jubelnden Kinderschar umsprungen. Ihn hatte man auch mit einem Fichtenbäumchen geschmückt, an dem bunte Bändchen hingen. Den Schluss bildeten die sogenannten Holländer Herren, die Erwerber des Stammes, die in gravitätisch steifer Haltung dem Zug folgten.

Wie wir am Beispiel der „Braut“ sehen, können es auch schöne Bräuche sein, die nachhalten und damit „ganz nebenbei“ die eingangs gepriesene Wertschöpfung gleichzeitig mit Wertschätzung einhergehen lassen.
In einer Gegenwart, in welcher der Stellenwert des Holznutzungsgedankens ein wenig aus dem Blick zu geraten droht, dafür aber ein buntes Allerlei an „Events“ in oder mit der „Location“ Wald zur Deckung menschlicher Bedürfnisse zunehmend Raum greift, könnte man in Erwägung ziehen, die Tradition von Lohr am Main anlässlich künftiger Wertholzvergaben wieder aufleben zu lassen – wir hätten dann immerhin zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen.


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